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Die Henkerin

Die Henkerin

Möchte sie nicht Vollstreckerin werden? Lízinka, das hinreißende Engelsgeschöpf, nickt, obwohl sie nicht recht weiß, um welchen Beruf es sich dabei handeln mag. Aber weder die Eignungsprüfung für das Konservatorium der dramatischen Künste noch die Aufnahmeklausur für das weiterführende Gymnasium hat sie bestanden. Und so bringen die Eltern eines Tages das bildschöne Töchterchen, nachdem es vor zwei Herren ein Examen im Badezimmer der Familie glänzend geschafft hat, zur Ausbildungsstätte: in die nullte Klasse der noch geheimen Höheren Lehranstalt für Exekutionswesen. Lízinka soll dort im Zuge der Gleichberechtigung ausgebildet werden, damit sie als erste Henkerin der Welt einen der ältesten Berufe und damit eine weitreichende Tradition fortsetzte. Während des einjährigen Lehrgangs verfallen außer einem Mitschüler auch zwei Pädagogen ihren Reizen. Am Ende des Schuljahres legt sie mit der vorbildlichen Hinrichtung eines von ihnen ein glänzendes Abitur vor. - "Personen, Schauplätze und Geschehnisse dieses Buches sind«, sagt der Autor, "leidergottes frei erfunden, dafür sind die historischen Informationen und die zitierte Literatur gottlob streng authentisch.« Dieser Bezug zur Realität wird in einer Form vorgenommen, die bisweilen ans Absurde grenzt. Schwarzer Humor und Grauen vermischen sich zu einem Bilderbogen von oft beklemmender Spannung, aber auch von funkelndem Wortwitz. So entsteht aus Fakten und Phantasie ein Zerrspiegel, der wie selbstverständlich beinahe Vertrautes reflektiert. O-Ton des Autors: »Es bedarf nur eines kleinen tektonischen Bebens, und der Scharfrichter, heute vielleicht noch Besitzer einer Parfümerie, wird der letzte sein, den Sie auf dieser Welt erblicken. Es sei denn, Sie haben das Glück, von niemand anderem ´gemacht´ zu werden als von Lízinka.« 

Hoffmann und Campe Edition Reich, 1978, 429 Seiten. Erhältlich bei Amazon

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